Der “Philatelist - Zeitschrift für Briefmarkensammler” - kommentiert in der Ausgabe vom Januar 1900 unter der Rubrik “Aus der philatelistischen Welt”:
»Prosit 1900! Jahrhundertwende! Welcher Stoff birgt sich in diesem Worte zu Rückblicken in die Weltgeschichte, zu solchen auf dem Gebiete der Philatelie! Wie sah es in der Welt aus als man “1899” schrieb, wie in Deutschland, das nun wie ein junger Aar seine kräftigen Fittiche weit ausbreitet schützend über ein geeinigt Reich, wachend über Fels und Meer! In welch' kindlichem Zustande lag damals noch das Verkehrswesen mit seinen schwerfälligen Postkaleschen! Und jetzt: Eisenbahn, Telegraph, Telephon und ein Postwesen die ganze civilisierte Welt umschlingend und die Postmarke als sichtbaren Ausdruck dieses Verkehrsbündnisses!«
»Wer die Geschichte des 19. Jahrhunderts und seiner Verkehrsentwicklung schreibt, wird des kleinen geflügelten Boten, der Postmarke, entschieden gedenken müssen. Sie wurde, da giebts kein
Dawieder, der echte und rechte Verkehrsvermittler und diese ihre Bedeutung ableugnen, verriethe eine große Portion Naivität.«
»Vielleicht gilt der derzeitige Wendepunkt auch als fünfzigjähriges Jubiläum des Bestehens der ”Philatelie”. Wir erinnern uns gelesen zu haben, daß es um das Jahr 1850 schon Markensammler gab. Möglich wäre das schon! Dennoch war es, als wir vor 40 Jahren zu sammeln begannen, rings eigentlich noch recht öd und leer auf diesem Sammelgebiete. Immerhin wird man nicht viel fehlgehen, wenn man jetzt an das goldene Jubiläum der Philatelie zu denken wagt.«
Die ersten Briefmarken erschienen am 06.5.1840 in England, die ersten deutschen Marken wurden am 01.11.1849 in Bayern herausgegeben.
Weiter schreibt “Der Philatelist”:
»Von diesem Standpunkte aus betrachtet bilde die vom Deutschen Reiche am 30. Dezember vergangenen Jahres edierte Jahrhundertkarte, mit der nach der aufgehenden Sonne ernstblickenden ”Germania” zugleich ein Jubiläumszeichen der ”Philatelie”, welches wir getrost als solches freudig begrüßen dürfen. Die Aufnahme, welche diese Jahrhundertkarte in Deutschlands Gauen gefunden, bezeugt außerdem, wie die Meinung über die Briefmarke als Sammelobject sich im Lauf der Zeiten änderte.
Vor fünfzig Jahren sammelten vielleicht einige Wenige ohne besonderen Endzweck und ganz im Stillen; vor vierzig Jahren wurden die Leute, welche sie öffentlich sammelten, für nicht ganz gesund gehalten, vor fünfunddreißig Jahren wurde in öffentlichen Blättern und von Schulcapacitäten vor dem Sammeln dieser Kaupelwaare eindringlich gewarnt und am 28. December 1899 stürmten die Leute einiger Jahrhundertpostkarten wegen die Postschalter! Weit gefehlt, wer da glaubt, ”die Leute” wären etwa nur ”Philatelisten”? Darunter, unter den Schalterstürmern, waren sie wohl vertreten, aber die ”Postwerthzeichen” erfreuen sich längst allgemeinen Interesses, und so waren denn alle Kreise voll des Verlangens, solch ein Jahrhundertpostwerthzeichen sich zu erringen, sei es auch mit Dreingabe oder Draufzahlung einiger Rippenstöße!«
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