Und Kurt Tucholsky (1890-1935) beschäftigte sich im selben Jahre in seinem Gedicht Briefmarken mit der Frage, wer denn zukünftig die deutschen Briefmarken schmücken soll: |
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Germania, die was auf den bunten Marken Der Reichspost prangt, hat längst die Nase voll. Sie ist ein Weib. Wir brauchen einen starken Und kräftigen Mann, der künftig prangen soll. So leg ich denn den Finger an die Nase Und denke nach: Wer ist der Ehre wert? Herr Chamberlain? Herr Oldenburg? Herr Haase? Auf einem Hoppe-Hoppe-Reiter-Pferd? Doch nehmen wir die Götter aus den Tempeln zum Beispiel Herrn von Heydebrands Gesicht, dann traut sich der Beamte nicht zu stempeln |
So geht das also nicht. Dieweil man aber jene kleinen Blättchen Mit zähem weissen Klebestoff bestrich, Wie wäre es samt seiner Ordenskettchen Mit Helfferich? Doch einer noch. Alldeutschlands Schafe bähen, Der Schäfer vorneweg - ein Bismarck fehlt -, Wer weiss, wenn wir ihn heut regieren sähen... Nun gut. Wenn den die Reichspost wählt? Der Kopf spricht. Horch, wie sich die Brauen heben. Ihr könnt mich alle auf die Briefe kleben. |
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Weder der Schriftsteller
Houston
Stewart Chamberlain (1855-1927), der Reichstagsabgeordnete Elard
Kurt Maria Fürchtegott von Oldenburg-Januschau (1855-1937) oder
der Politiker Hugo
Haase (1863-1919) noch der Politiker Ernst
von Heydebrand und der Lasa (1851-1924), der Bankier und
Staatssekretär Karl
Theodor Helfferich (1872-1924) oder gar posthum der “Eiserne
Kanzler” Otto
Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen zierten zukünftige
deutsche Briefmarken. Die vielgescholtene Jahrhundert-Postkarte aber,
wenn auch der Wertstempel keine Frankaturkraft mehr hatte, findet bis
ins 21. Jahrhundert hinein als Formular Verwendung. Und auch das Motiv
(Sonnenstrahlen, Wolken und Jahreszahl) ist bei näherem Hinsehen
immer wieder zu entdecken. |
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